Baumgartner

Ein Roman von Paul Auster

Paul Auster braucht wahrscheinlich nicht groß vorgestellt werden; dass er schreiben kann, hat er der Literaturwelt schon vor Jahren bewiesen. Ich selbst hatte vorher noch nichts von Auster gelesen, lese aber gerne die Bücher von Siri Hustvedt – und da Frau Hustvedt Auster geheiratet hat, dachte ich, dass er vermutlich ein Guter ist. Ich wurde nicht enttäuscht.

Baumgartner handelt von, Überraschung, Baumgartner, Seymour Baumgartner, genannt Sy. Baumgartner ist ein älterer Herr, er lebt alleine, hat seine Frau schon vor mehreren Jahren sehr überraschend verloren, konnte diesen Verlust aber nie so ganz verarbeiten – wobei man das vielleicht generell nie wirklich kann. Es geht ihm nicht direkt schlecht, aber so wirklich gut eben auch nicht und vor allem stagniert sein Leben. Bis er diesen einen Tag hat, diesen einen, richtig, richtig schlechten Tag. Kennen wir wahrscheinlich alle. Man steht auf und Dinge beginnen schief zu gehen. Man vergisst etwas im Erdgeschoss, auf dem Weg vorbei am Telefon fällt einem ein, dass man immer noch nicht die verstimmte Schwester angerufen hat, und gerade als man sich entschließt, das doch sofort in Angriff zu nehmen, merkt man, dass der Topf vom Eierkochen seit dem Frühstück auf der immer noch eingeschalteten Herdplatte steht – den man dann unbedacht und vor allem ohne Handschuhe vom Herd nimmt.

Es geht dann noch das ein oder andere schief an diesem Tag, aber ultimativ lösen alle Missgeschicke des Tages etwas in Baumgartner aus und plötzlich geht es, stetig und langsam, aufwärts in seinem Leben. „Baumgartner“ ist ein wunderbares Buch, das auf eine sehr liebevolle, aber mit viel trockenem Humor gewürzte Art Baumgartners persönliche Erfahrung des Alterns verhandelt. Dazu gehört, wie die Topf-Episode zeigt, ein zeitweise nachlassendes Kurzzeitgedächtnis, aber auch eine neue Liebe und vor allem unglaublich viel Wertschätzung und Respekt für seine verstorbene Frau. Es ist ein, soweit ich das einschätzen kann, sehr ehrliches Buch, ohne dabei düster zu wirken – ganz im Gegenteil nimmt Baumgartner noch einmal Anlauf, weil Alter eben nicht bedeutet, nicht mehr neu anfangen zu können.
Wer schon Auster-Fan ist, wird hier sicherlich auf einige bekannte Elemente treffen: New York spielt stellenweise eine Rolle, natürlich Paris und das Lesen sowie das Schreiben werden wie gewohnt gewürdigt. Und zu guter Letzt ist auch „Baumgartner“ ein Roman, bei dem einem das Ende noch lange in Erinnerung bleibt.

(Sarah Kranz)

Informationen:
  • Stand: Dezember 2023
  • Rowohlt Verlag – gebunden – 208 Seiten
  • Preis: 22,- €
  • ISBN: 978-3-498-00393-7
  • übersetzt aus dem Englischen von Werner Schmitz
Bücherwurm der Buchhandlung am Sand