Beerenpflücken
Die Autorin des Romans gehört dem Stamm der Mi´kmaq, einem indigen Volk an, das im östlichen Nordamerika lebt. Der Roman beginnt im Sommer des Jahres 1962. Wie jedes Jahr kommt die Familie von Joe nach Maine zum Blaubeerenpflücken. Joes Vater hat eine Vorarbeiterfunktion und darf im Gegensatz zu den anderen Saisonarbeitern in einer kleinen Hütte und nicht in den Gemeinschaftsunterkünften wohnen.
Die Eltern und großen Brüder arbeiten tagsüber auf den Feldern, während Joe auf Ruthie, die kleine Schwester achten soll. Eben saß sie noch auf dem großen Stein und dann ist sie verschwunden. Alle Suchaktionen verlaufen im Sande und das Trauma des Verlustes wird die Familie immer verfolgen. Besonders Joe wird lebenslang von Schuldgefühlen geplagt und in seinem weiteren Leben damit zu kämpfen haben. Gleichzeitig wird uns die Geschichte von Norma erzählt. Norma wächst als Einzelkind in einer christlich geprägten Familie auf. Der Vater sorgt für den finanziellen Rückhalt der Familie, ist aber sonst wenig präsent, Die Mutter dagegen ist emotional fast erdrückend und lässt Norma wenig Freiheiten. Einzig die Schwester der Mutter, Tante June lässt ihr Freiraum. Für Normas immer wiederkehrende Alpträume hat niemand eine Erklärung und erst im Erwachsenenalter beginnt Norma diesem irrationalen Gefühlen nachzuforschen.
Was mit Ruthie passiert ist, erfahren wir als Leser auf anrührende Weise. Oft ist man als Leser den Protagonisten einen Schritt voraus. Über 50 Jahre werden wir beide Familien begleiten. Ein fesselndes Debüt aus Kanada mit allem was dazu gehört Familienbande, Nichtachtung von Minderheiten, Trauer, Liebe, Verlust und einem Neubeginn. Absolute Leseempfehlung von mir.
Margret Kroll
Informationen:
- Stand: Mai 2025
- HarperCollins Verlag Hamburg – gebunden – 320 Seiten
- übersetzt von Brigitte Jakobeit
- Preis: 24,-
- ISBN: 978-3-462-00729-9