Bergland

Ein Roman von Jarka Kubsova

Eine Bäuerin im geblümten Kittel, Kuhglockengebimmel, sanftes Rauschen eines Baches, Arbeiter, die bei Sonnenschein die Ernte oder Holz einholen, mit dieser Postkartenidylle räumt Jarka Kubsova in ihrem Debütroman auf. In Bergland erzählt sie mitreißend die Geschichte einer Bauernfamilie im Südtiroler Bergdorf Tiefenthal und wie es wirklich zugeht in einer Welt, die halt nicht immer schön und einfach ist.

„Das ist mein Fels, das ist mein Stein.“

(Jarka Kubsova, Bergland, Seite 120

Rosa beackert den Innerleit, den höchsten Hof in Tiefenthal, ohne jede Hilfe, denn ihr Vater verstirbt im Jahre 1944 und alle anderen Männer aus der Region sind an der Front, keiner weiß, wie lange dieser Krieg noch andauern wird. Und keiner der Verbliebenen und Heimkehrer glaubt daran, dass es Rosa mit dem Hof schaffen wird. Doch ihr Starrsinn und ihre Hartnäckigkeit, aber vor allen Dingen ihre Umbarmherzigkeit auch sich selbst gegenüber spricht sich rasch herum. Als Rosa regelmäßig eine schöne Ernte einbringt und selbst der Hanggarten erblüht, hat sie den Respekt der anderen errungen. Einzelgängerin bleibt sie jedoch weiterhin, auch als ihr Ehemann zurückkehrt. Ein Nichtsnutz ist er geworden, mit nur noch einem Arm, einer, der nicht mehr weiß, wie er Rosa und dem Innerleithof helfen kann. Als Sepp (einer meiner Lieblingsfiguren!) geboren wird, spitzt sich die Lage zu und es kommt zu einem Unglück…

Jahrzehnte später: Franziska lebt auf dem Innerleithof, obwohl sie doch Biologie studiert und niemals damit gerechnet hatte, in diese Bergregion zurückzukehren. So ist es aber mit der Liebe, denn bei einem Fest lernte sie Hannes kennen und steht nun aktuell vor der Entbindung ihres vierten Kindes. Ihr Ehemann Hannes ist der Sohn von Sepp, und hat dessen Charakter geerbt. Auch Hannes stinkt manches gewaltig, auch er möchte wie Sepp damals in den Siebzigern neue Dinge ausprobieren und mit der Zeit gehen, doch viele Vorschriften und Beschränkungen dämpfen die optimistischen Ideen schnell ein. Ferienwohnungen sind auf dem Innerleit entstanden, für die Franziska verantwortlich ist, aber die junge Frau ist mittlerweile an ihr Limit gekommen. Sie kann die Freude und Begeisterung der „Touris in ihren Outdoorklamotten“ für die wundervolle Landschaft nicht mehr nachvollziehen. Außerdem ist das Verhältnis zum Schwiegervater Sepp äußerst schwierig, da er die Veränderungen (insbesondere den Tourismus) nicht akzeptieren mag.

Vieles, nicht alles, ändert sich dann am Ende, als es zu einem Unglück kommt und die Familie wieder zueinanderfinden und Entscheidungen fällen muss, ansonsten droht das Aus für den Innerleithof.

Was Dörte Hansens „Mittagsstunde“ für die Tiefebene ist, ist Jarka Kubsovas „Bergland“ für die alpine Region: Der gut gelungene Einblick in eine besondere Welt, die geprägt ist von Veränderungen und tiefen Einschnitten, aber auch von der Natur, die den Menschen beherrscht und nicht umgekehrt.

Absolute Leseempfehlung: 5 von 5 Punkten! Höchst spannend und unterhaltsam wechseln sich die Erzählperspektiven und Zeitebenen ab, so etwas liebe ich ja. Dadurch bekommt man sehr gut mit, was insbesondere die beiden Frauen Rosa und Franziska bewegt. Es hätten gerne einhundert Seiten mehr sein dürfen, um noch tiefer in die Charaktere, wie zum Beispiel Onkel Louis und Hannes und deren Gedanken abtauchen zu können, aber dies ist wirklich Mäkeln auf hohem Niveau.

(Georg Schmitt)

Informationen:
  • Stand: August 2021
  • Wunderraum Verlag – gebunden – 288 Seiten
  • Preis: 20,- €
  • ISBN: 978-3-442-31618-2
  • LINK zur Leseprobe
Bücherwurm der Buchhandlung am Sand