Beteigeuze
„Beteigeuze“ von Barbara Zeman fand ich schon deshalb von Anfang an toll, weil es sprachlich genauso eigensinnig ist wie seine Protagonistin. Ich fand es aber auf keinen Fall unangenehm oder schwierig zu lesen, man weiß einfach sofort, woran man ist.
Wenn man „Beteigeuze“ liest, liest man im Grunde aus der ersten Reihe im Gehirn der Protagonistin Theresa Neges. Theresa, so lernen wir, lebt mit ihrem Freund zusammen und hatte vor einiger Zeit eine unschöne Diagnose, die sich allerdings inzwischen geklärt hat. Trotzdem ist an irgendeinem Punkt etwas, ich möchte nicht sagen, „kaputt gegangen“ an ihrer Psyche, vielleicht ist ihre Psyche eher versehrt. Sie hat einen Psychiater, den sie nicht mag, muss Tabletten nehmen, die etwas mit ihrem Körpergeruch machen, alles in allem ist sie nicht zufrieden mit ihrer Situation. Und so wirkt es aus ihrer Perspektive, die die Realität eben deutlich anders erlebt als es die meisten von uns tun, wie die einzig logische Konsequenz zuerst die Besuche bei ihrem Psychiater aufzugeben und dann die Tabletten nicht mehr zu nehmen. Das mag nun alles ganz furchtbar klingen, ist es aber nicht. Gerade das fand ich auch so spannend an dem Roman: Man fühlt sich merkwürdig zweigeteilt. Einerseits sitzt man lesend vor diesem Buch, befindet sich also beobachtend außerhalb der Geschichte und weiß, dass das natürlich keine gute Idee ist, man macht sich Sorgen um Theresa und leidet mit ihrem Partner. Andererseits liest man aber direkt durch ihre Augen und ihrem eigenen Empfinden nach geht es ihr nicht direkt schlecht.
Sprachlich ist der Roman, wie gesagt, etwas ganz Besonderes und einige der Sätze sind wirklich unfassbar toll. Schöner wurde ein gradueller Realitätsverlust noch nie geschrieben, würde ich sagen.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024 und den Österreichischen Buchpreis 2024.
(Sarah Kranz)
Informationen:
- Stand: Dezember 2024
- DTV – gebunden – 304 Seiten
- Preis: 24,- €
- ISBN: 978-3-423-28415-8