Hast du uns endlich gefunden

Ein Roman und Sachbuch von Edgar Selge

Edgar Selge, Hast du uns endlich gefunden?

Der Ich-Erzähler dieser Geschichte ist der kleine Edgar. Er erlebt die Zeit der 1950er- Jahre mit seinen großen Brüdern und den Eltern in Herford, Westfalen. Der Vater arbeitet als Gefängnisdirektor, die Wohnung der Familie befindet sich innerhalb der Anstalt. Im Mittelpunkt
steht das eigene Musizieren, sie ist die allerliebste Beschäftigung von Vater und Mutter. So kommt es, dass an manchen Tagen ausgewählte Häftlinge und anschließend gute Freunde in das Wohnzimmer der Selges eingeladen werden, wo sie Zeuge werden, wie virtuos der Hausherr am Klavier einen professionellen Geiger begleitet. Edgar hingegen versteht so vieles nicht, er versucht auf seine sehr kindliche Art zu begreifen, warum die Musik so wichtig ist für seine Eltern, aber auch warum nie über den vergangenen Krieg und das Ende des Nationalsozialismus
gesprochen wird:

Es ist wie mit diesem Wort „Zusammenbruch“, das immer wieder fällt. Ich kriege nie raus, ob das eine Katastrophe war oder eine Erlösung. Keiner scheint es genau zu wissen. Keiner will sich entscheiden. Unsere Eltern sagen: Letztlich muss man froh sein, dass es so gekommen ist. Aber ihre Gesichter sehen nicht froh aus, wenn sie das sagen. Und das gibt mir zu denken.

(S. 161)

Überhaupt macht sich Edgar so viele Gedanken über alles Mögliche, oft schmunzelt und lacht man, manchmal könnten einem die Tränen kommen. Mit Debütromanen von bekannten Schauspielern ist es ja immer so eine Sache, der Spruch „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ spukt einem im Kopf. Aber hier bei Edgar Selge stimmt einfach alles – Viele Passagen möchte man am liebsten jemandem vorlesen. Die Sicht eines Kindes auf eine Welt und Eltern, die er nicht immer versteht, bringt er grandios gut auf’s Papier, traurig und humorvoll zugleich.

(Georg Schmitt)

Informationen:
  • Stand: November 2021
  • Rowohlt Verlag – gebunden – 304 Seiten
  • Preis: 24,- €
  • ISBN: 978-3-498-00122-3
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