Koller

Ein Roman von Annika Büsing

Annika Büsing hat eine sehr ungewöhnliche Gabe, sie schreibt nämlich Liebesgeschichten, die ich lese. Was an sich schon ungewöhnlich ist, aber noch ungewöhnlicher ist die Tatsache, dass ich diese Liebesgeschichten auch noch mag. Ja, Sie dürfen staunen, ich stelle hier jetzt eine Liebesgeschichte vor, obwohl ich regelmäßig meine Abneigung gegenüber allen Büchern äußere, in denen Liebesgeschichten mehr als eine Nebenrolle spielen.

Einige von Ihnen haben vielleicht letztes Jahr „Nordstadt“ gelesen, damals auch im schönen Leineneinband und empfohlen von meiner Kollegin Katja Cebulla, jetzt im Taschenbuch erhältlich. Nordstadt habe ich gelesen und nicht bemerkt, dass es eine Liebesgeschichte ist, weil Nordstadt absolut nicht rosa ist, es auf keiner Wolke spielt, nicht flauschig ist und mit herzförmigen Augen sehr wenig zu tun hat. So verhält es sich auch mit Koller, und auch die eher direkte Sprache findet sich dort wieder – da hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Da das Buch nicht besonders dick ist ist, hier ein kurzer Abriss:

Chris trifft Koller. Oder vielleicht sollte man eher sagen, Chris wird von Koller getroffen. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein und Chris ist normalerweise überhaupt nicht geneigt, der Aufforderung einer fremden Person zu folgen, in ein Auto zu steigen und vielleicht gemeinsam ans Meer zu fahren. In diesem Fall tut Chris allerdings genau das – nur dass der Weg dann doch nicht direkt ans Meer führt und mehr Umwege und mehr Schlaglöcher beinhaltet, als ursprünglich erwartet. Chris empfindet für Koller etwas, was man vielleicht eine sehr skeptisch hinterfragte und sehr selbstkritisch gesehene Liebe auf den ersten Blick nennen könnte – und da die Geschichte aus Chris‘ Perspektive erzählt wird, macht es die Tour umso unterhaltsamer. Koller ist wesentlich offener, was die Gefühlslage angeht, und verteilt Emotionen eher mit der Suppenkelle als mit dem Teelöffel.

Was macht „Koller“ nun so lesenswert? Es ist ein Abenteuer. Auf wenigen Seiten passiert ungemein viel. Außerdem dürfen wir uns über das wunderbare Konzept „zwei Menschen – ein Park, Augenkontakt, Liebe auf den ersten Blick“ freuen, dass dann aber auf sehr bodenständige und gleichzeitig liebenswürdige Art und Weise mit all seinen Konsequenzen auseinandergenommen wird. Und trotzdem wird am Ende vielleicht alles gut.

(Sarah Kranz)

Informationen:
  • Stand: April 2023
  • Steidl Verlag – 176 Seiten – gebunden (Leinen)
  • Preis: 20,- €
  • ISBN: 978-3-96999-196-1
Bücherwurm der Buchhandlung am Sand