Lempi, das heißt Liebe

Ein Roman von Minna Rytisalo

Da mich Bücher aus den skandinavischen Ländern und insbesondere aus Finnland immer besonders interessieren, freute ich mich, im Schweden-Urlaub mit diesem kleinen, aber äußerst feinen Debütroman von Minna Rytisalo anfangen zu können. Und bei knapp 220 Seiten kein Wunder und allzu große Leistung, las ich die Geschichte um Lempi und ihren Mann Viljami sofort in einem Zug durch.

„Der Mann auf der Treppe ist wie erstarrt, die ganze Welt bleibt stehen, die Vögel schweigen, die Tanne in der Hofmitte horcht, nichts wächst, keine Welle schlägt ans Ufer in diesem Moment, da die Welt darauf wartet, in eine neue Position zu rücken, und dies ist das Ende aller Dinge, und es ist der Anfang aller Dinge“ (aus dem Prolog)

Wenn Romane bereits mit solch beeindruckenden Sätzen anfangen, dann weiß man, dass man etwas besonderes vor sich liegen hat: Die junge Lempi aus dem Ort Rovaniemi heiratet schon kurz nach dem ersten Kennenlernen den Bauern Viljami und die beiden verbringen einen glücklichen Sommer miteinander. Doch dann wird Viljami eingezogen und muß im Lapplandkrieg gegen die ehemaligen „Waffenbrüder“ aus Deutschland kämpfen. (Wer nichts oder nicht viel über die Beziehung der deutschen Wehrmacht zu Finnland weiß und die Hintergründe und Vorläufer des Lapplandkrieges nicht kennt, wird in einem Nachwort der Übersetzerin Elina Kritzokat sehr gut informiert.)

Als Viljami 1945 unversehrt in sein Dorf zurückkommt, erfährt er, dass Lempi verschwunden ist. Es wird gemunkelt, sie sei mit einem Deutschen „durchgebrannt“. Ein Gerücht, welches ihr Ehemann nicht glaubt, aber da ist noch die Magd Elli, die selber ein Auge auf den Bauern geworfen hatte und nun hofft, Lempis Platz einnehmen zu können. Elli hatte vorher schon auf dem Hof gearbeitet und dann die beiden Söhne von Lempi und Viljami über den Krieg hinweg versorgt. Doch woher rührt ihr tiefer Hass gegenüber Lempi? Dies ist eine von wichtigen Fragen, die sich nach und nach auflösen.

Sehr interessant ist der Aufbau des Romans, denn die Hauptfigur selber kommt nicht zu Wort. Zunächst erfahren wir aus Viljamis Sicht, was geschehen ist, dann kommt die Magd Elli zu Wort und im dritten Teil erzählt Lempis Zwillingsschwester, was sich zugetragen hat. Alle drei reden Lempi an und beschreiben, was sich in diesem Sommer abgespielt hat, welche Rolle jeder einzelne in dieser Geschichte innehatte. Daraus ergibt sich ein komplettes Bild von Lempi und dem, was in den wenigen Monaten geschehen ist.  Ein Bild, welches den Leser mit einem berührenden Gefühl zurücklässt.

Fazit: Ein starkes, kleines Buch mit einer ganz feinen Sprache!

(Georg Schmitt)

Leseprobe

Informationen:
  • Stand: Juli 2018
  • Hanser Verlag – gebunden – 224 Seiten
  • Preis: 21,- €
  • ISBN 978-3-446-26004-7

 

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