Mädchen, Frau etc.
Für ihren Roman „Mädchen, Frau etc.“ wurde Bernadine Evaristo 2019 als erste schwarze Frau mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Das Buch ist bereits ihr achtes Werk und erzählt kraftvoll und leidenschaftlich aus dem Leben von zwölf schwarzen Frauen und ihren Familien. Teilweise lose miteinander verknüpft, mit vollkommen unterschiedlichen Lebensentwürfen und – erwartungen, geht es dennoch stets um Herkunft und Identität und darum, den passenden Platz in der Welt zu finden. Jede der zwölf hat ein eigenes Kapitel und erscheint teilweise als Nebenfigur in den Kapiteln der anderen, so dass verschiedene Perspektiven und Sichtweisen möglich werden.
Alles beginnt mit der mittlerweile sehr erfolgreichen lesbischen Dramatikerin Amma, deren Stück Premiere am National Theatre hat und am Ende eine Art Bogen zwischen den einzelnen Geschichten bildet. Ihr Leben wird geschildert und dann das ihrer Tochter Yazz und deren Studienkolleginnen. Auch von Ammas Freundinnen kommen weitere vor, so wie Dominique, die für ihre ehemalige Lebenspartnerin Nzinga England verlassen hatte und Shirley, die ihr Leben als Lehrerin benachteiligten Schülerinnen, wie z.B. Carole, widmet. Carole, die nun erfolgreich in der Bankenbranche tätig ist und deren Mutter Bummi, die aus Nigeria einwandert und trotz Universitätsabschluss in England zunächst als Reinigungskraft arbeitet und sich schließlich mit einer eigenen Firma selbständig macht, bis hin zum Waisenmädchen Grace, deren Lebenstraum in Yorkshire wahr zu werden scheint und deren Tochter Hattie, die ein Geheimnis hütet und voller Verständnis für Ihre Nichte Megan ist, als diese erkennt, dass sie sich gar nicht als Mädchen fühlt. Um nur einige zu nennen.
Für mich war es die große Vielfalt völlig unterschiedlicher Charaktere aus verschiedenen Schichten und Zeiten, die sich ihren Sorgen stellen, die dieses Buch so stark macht. Toxische Beziehungen, Vergewaltigung, tragische Verluste und schwarze Frauen, die in einem Land wie England Rassismus und patriarchalen Strukturen gleichermaßen ausgesetzt sind. Evaristo gelingt es dazu mit ihrer besonderen Schreibweise ohne Satzzeichen, aber mit vielen Absätzen den Lesefluss ins Unermessliche zu steigern. Sehr toll! Ich war begeistert und kann es nur empfehlen!
(Katja Cebulla)
Informationen:
- Stand: Februar 2021
- Tropenverlag – gebunden – 512 Seiten
- Preis: 25€
- ISBN: 978-3-608-50484-2
- Übersetzung: Tanja Handels