Nacht in Caracas
„An dem Nachmittag hätte ich gern spitze Haken an den Händen gehabt. Um sie alle umzubringen, mit einer einzigen Armbewegung, wie eine tödliche Mühle. Ich biss die Zähne zusammen, bis ein Backenzahn nachgab, den ich stückchenweise auf den Granitboden ausspuckte. Mit geborstenen Zähnen fluchte ich auf das Land, das mich ausgestoßen hatte und zu dem ich immer noch gehörte, ohne Teil von ihm zu sein.“
Karina Sainz Borgos Debütroman „Nacht in Caracas“, ist ein wütender Schrei, ein klagender Hinweis, auf die anhaltend chaotischen Zustände in Venezuela, dem Heimatland der Autorin, die bereits vor Jahren, aus diesem Grund, nach Spanien emigrierte.
Erzählt wird die Geschichte von Adelaida Falcón, die eben ihre Mutter an den Krebs verloren hat. In einem Land, in dem sie für die medizinische Versorgung selbst aufkommen muss, in dem es nicht alle Medikamente für eine Chemotherapie auf dem Schwarzmarkt gibt und man dann eben nimmt, was man bekommen kann. Nun ist die Mutter tot und in dem Doppelgrab, das sie für sich und ihre Tochter gekauft hatte, beigesetzt und Adelaida weiß nicht genau, wie es weiter gehen soll. Sie möchte wieder auf die Füße kommen, auch in ihrer Stadt Caracas bleiben, trotz der bürgerkriegsartigen Bedingungen, aber dann kommt alles noch einmal anders. Man nimmt ihr gewaltsam ihre Wohnung und ihr bleibt nicht mehr viel, das ihr noch etwas bedeutet. Und da greift sie nach einer unerwarteten Möglichkeit, die ihr der Zufall in den Weg spielt und die eine mögliche Rettung in Aujssicht stellt.
„Nacht in Caracas“ ist ein intensives, ein hartes Buch, das mich immer wieder hat schlucken lassen. Die sogenannten Revolutionäre handeln absolut skrupellos und niemand kann sich mehr sicher fühlen. Tod und Gewalt sind an der Tagesordnung und Adelaidas Schicksal hat mich ziemlich mitgenommen. Ich halte „Nacht in Caracas“, das von Susanne Lange ins Deutsche übersetzt wurde, für ein immens wichtiges Buch und ein insgesamt virtuoses Portrait eines untergehenden Landes und bin sehr froh, dass ich es gelesen habe!
(Katja Cebulla)
Informationen:
- Stand: September 2019
- Fischer Verlag – gebunden – 224 Seiten
- ISBN 978-3-10-397461-4
- Preis: 21,- €
- Leseprobe