Nordstadt

Schwimmen war immer ein Ausweg für Nene. Eine Fluchtmöglichkeit aus ihrer kaputten Familie, in der die Mutter früh stirbt und der Vater trinkt und prügelt.

Im Schwimmen ist sie richtig gut. Wasser gibt ihr Sicherheit und ihre Trainer haben auch immer einen Blick auf die bedrohliche Situation bei ihr zu Hause in der Nordstadt und kümmern sich. Daher ist klar, dass Nene da bleibt, und so arbeitet sie nun als Bademeisterin im Schwimmbad ihrer Jugend. Dort trifft sie eines Tages auf Boris. Boris, mit dessen Bein etwas nicht in Ordnung ist und der sie um ein Schwimmbrett bittet. Aus dieser Begegnung entsteht etwas. Etwas Zartes, Ungewöhnliches, das Nene nicht für möglich gehalten hätte, das dann doch schnell mehr für sie bedeutet. Und für Boris? Nun, Boris erzählt jeden Tag eine andere Geschichte, er lügt, verschwindet und meldet sich nicht und wäre Nene nicht so hartnäckig, wer weiß?

Annika Büsing ist selbst in einer solchen Nordstadt aufgewachsen, sie ist Lehrerin und dieses Buch ist ihr Debütroman, den ich wirklich absolut gelungen finde. Sprachlich gelegentlich eher rau und ruppig, wie junge Menschen eben so denken und sprechen, gewinnt das Buch durch seine Struktur, bestimmte Wiederholungen und Nenes Willensstärke, die alles andere in den Schatten stellt. Es ist eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte zwischen zwei  Menschen, die ganz verschieden mit ihren Beschädigungen umgehen und denen man alles, alles Gute wünscht, falls …. ach nun, aber wer weiß, ich mag ja nicht zu viel verraten. Nur so viel, dass „Nordstadt“ ein tolles Buch ist, dem ich eine große Leserschaft wünsche, die Nene feiert!

(Katja Cebulla)

Informationen:

• Stand: März 2022
• Steidl Verlag – gebunden – 128 Seiten
• Preis 20,- €
• ISBN: 978-3-96999-064-3