Telefonzelle am Ende der Welt

Ein Roman von Laura Imai Messina

Der Roman beginnt damit, dass eine junge Frau im Morgengrauen beginnt, bewaffnet mit Plastikfolie, Isolierband, zehn Schachteln Nagelringen, eine Telefonzelle, auf einem Hügel bei Otsuchi, zu verpacken. In zwei Stunden soll ein Taifun über das Land hereinbrechen. Der Garten der Stille ist schon verlassen und die Dorfbewohner haben sich ins Landesinnere zurückgezogen. Was treibt diese junge Frau dorthin? Yiu ist Radiomoderatorin und durch eine Reportage auf diese weiße Telefonzelle ohne Anschluss aufmerksam geworden. In einer Sendung über Trauer erzählte ein Zuhörer von dem Telefon des Windes. Yiu fährt von Tokio aus nach Otsuchi an die Küste Japans und trifft dort auf den Hüter des Gartens der Stille. Sie lernt dort viele Menschen kennen, die um Angehörige trauern und in dieser Telefonzelle ihrer Trauer Raum geben können. Yiu selbst hat ihre Mutter und Tochter während des Tsunamis verloren. Drohender Kitsch? Nein, auf keinen Fall. Es geht um Verlust, Trauer, Liebe, Aufeinanderzugehen, Zuhören und sich dem Leben zuwenden. Man spürt in vielen Ereignissen die besondere japanische Lebensart. Der in Japan lebenden italienischen Autorin ist ein zartes beeindruckendes Buch gelungen, das einen durch die die einfühlsame Sprache von Beginn an in die Geschichte hineinzieht. Die Telefonzelle gibt es in Japan wirklich, sie soll den vielen japanischen Küstenbewohnern, die 2011 durch den Tsunami Angehörige verloren haben, einen Ort der Trauer bieten, um Kontakt zu den Verstorbenen herzustellen. Für mich hat das Rauschen im Telefon ohne Anschluss jetzt eine andere Bedeutung.

(Margret Kroll)

Informationen:
  • Stand: März 2021
  • BTB – gebunden – 352 Seiten
  • Preis: 20,-€
  • ISBN: 978-3-442-75896-8
  • LINK zur Leseprobe
Bücherwurm der Buchhandlung am Sand