Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah

Ein Roman von Cho Nam-Joo

Erinnern Sie sich noch an „Kim Jiyoung, geboren 1982„? (Wenn nicht, warum nicht, kaufen Sie es, lesen Sie es.) Im gleichen Jahr, in dem Cho Nam-Joo den Roman in Südkorea veröffentlichte, wurde auch „Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah“ herausgebracht – und der liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor.

Wie auch bei „Kim Jiyoung“ spielt die Position der Frau in der südkoreanischen Gesellschaft eine gewisse Rolle, der Fokus liegt aber auf dem Thema Armut. Go Mani, die Protagonistin, ist eine unverheiratete Frau mittleren Alters, die mit ihren Eltern in einer kleinen Wohnung in einem Distrikt Seouls lebt. Sie unterstützt ihre Eltern finanziell, denn der Laden ihres Vaters wirft zunächst aufgrund des neueröffneten Supermarkts, dann aufgrund des großen neuen Einkaufszentrums zunehmend wenig ab, ihre Mutter war nie berufstätig. Es ist kein guter Job, den Go Mani hat, Aufstiegschancen gibt es keine, Gehaltserhöhungen auch nicht – und das alles trotz erfolgreich abgeschlossenem Studium. Trotzdem, es ist ein Job und der bedeutet ein festes Gehalt. Bis Go Mani gekündigt wird.

„Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah“ ist ein Roman über verpasste Gelegenheiten, über Kindheitsträume und den Alltag, wenn man wenig Raum und wenig Geld hat. Trotzdem ist die Geschichte nicht düster, es ist eher eine Betrachtung der Zustände, vergangene und gegenwärtige. In gewohntem Cho Nam-Joo Stil ist die Sprache recht sachlich gehalten, nichts wird dramatisiert, es ist halt, wie es ist.

„Es kommt in letzter Zeit immer wieder vor, dass ich glücklich bin. Dann denke ich daran. Auch das geht einst vorüber. Und auch, dass ich plötzlich traurig werde, geschieht immer wieder. Dann denke ich ebenfalls daran. Auch das geht einst vorüber.“

Cho Nam-Joom: Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah. S. 6

Ich habe bisher alle ins Deutsche übersetzten Bücher von Cho Nam-Joo sehr gerne gelesen, auch der 2022 erschienene (und jetzt als Taschenbuch erhältliche) Kurzgeschichtenband „Miss Kim weiß Bescheid“ ist unbedingt zu empfehlen. (Wer gerne mal englisch und etwas eher Dystopisches liest, möge außerdem zu ihrem neusten Roman „Saha“ greifen, der bisher noch nicht auf Deutsch vorliegt.)

(Sarah Kranz)

Informationen:
  • Stand: Januar 2024
  • KiWi Verlag – gebunden – 288 Seiten
  • Preis: 23,- €
  • ISBN: 978-3-462-00583-7
  • übersetzt aus dem Koreanischen von Jan Hendrik Dirks
Bücherwurm der Buchhandlung am Sand